Mobiles Arbeiten
Mobil und gesund arbeiten
Unsere Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren rasant verändert und wird immer digitaler. Mobiles Arbeiten – vor allen Dingen von zu Hause aus – ist heute häufig ein normaler Bestandteil unseres Arbeitsalltags. Das hat viele Vorteile: Verschiedene Lebensbereiche lassen sich oft einfacher miteinander vereinbaren. Mobiles Arbeiten birgt aber auch einige Risiken und Herausforderungen im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheit am „Arbeitsplatz“.
Chancen und Herausforderungen
Wer mobil arbeiten kann, ist flexibler, was die Wahl des Arbeitsortes angeht: Ob von zu Hause, von der Dienststelle oder gar von einem dritten Ort aus – ist ein Internet-Zugang vorhanden, kann gearbeitet werden.
Die Anfahrt zur Arbeitsstätte entfällt im Homeoffice. Das spart Zeit, schont die Umwelt und reduziert Stress. Auch die Pflege von erkrankten Angehörigen sowie die Betreuung der Kinder sind im Falle von Krankheit oder Kita- und Schulschließungen durch diese Arbeitsform viel besser möglich.
Eines der größten Risiken, die mobiles Arbeiten mit sich bringt, ist das Auflösen der Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben: Frei wählbare Arbeitszeiten bieten die Möglichkeit, sowohl in den frühen Morgenstunden als auch bis in den späten Abend hineinzuarbeiten. Feste Vereinbarungen sind hier wichtig, um eine solche Entgrenzung zu vermeiden.
Eine weitere Herausforderung stellt der reduzierte Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen dar. Flurgespräche oder Gespräche in der Teeküche, in denen sich bislang sowohl fachlich, aber auch privat ausgetauscht wurde, fallen nun weg. Feste Austauschzeiten, ob in Präsenz oder digital, können dazu beitragen, eine entsprechende Gesprächskultur aufrecht zu erhalten.
Durch die Verlagerung des Arbeitsortes außerhalb des Unternehmens sind die Arbeitnehmenden deutlich mehr gefragt, wenn es darum geht, die eigene Arbeit sicher und gesund zu gestalten. Betriebe können ihre Beschäftigten durch entsprechende Schulungen, (z. B. zu Selbstorganisation und Zeitmanagement) qualifizieren und sie befähigen, den neue Herausforderungen eigenverantwortlich gerecht zu werden.
Telearbeit oder Homeoffice?
Ein Telearbeitsplatz ist ein fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im häuslichen Umfeld. Hier greifen die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung. Er muss – vergleichbar mit einem Bildschirmarbeitsplatz – von Unternehmensseite her eingerichtet werden.
Dieses gilt formal nicht für das Arbeiten im Homeoffice, das als vorübergehendes bzw. zeitweiliges Arbeiten von zu Hause aus definiert wird.
Rechtliches und mehr ...
Nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht gibt es keinen pandemiebedingten Anspruch mehr auf „Arbeiten im Homeoffice“. Es bedarf nun einer Absprache zwischen den Arbeitgebenden und der jeweiligen Personalvertretung (z. B. in Form einer Betriebsvereinbarung) oder einer individuellen Absprache.
Wo auch gearbeitet wird – es greifen immer sowohl das Arbeitsschutzgesetz als auch das Arbeitszeitgesetz: Das Unternehmen trägt die Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten grundsätzlich auch im Homeoffice. Das bedeutet, dass auch hier eine Gefährdungsbeurteilung gemacht werden muss, um sicheres und gesundes Arbeiten zu gewährleisten (§ 5ArbSchG).
Da der Arbeitgeber jedoch nicht per Gesetz verpflichtet ist, den Arbeitsplatz zu Hause gemäß Arbeitsstättenverordnung auszugestalten, muss sicheres und gesundes Arbeiten im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes partizipativ gestaltet werden, zum Beispiel durch die
- Beurteilung der Arbeitsbedingungen unter Beteiligung der Beschäftigten,
- Festlegungen von Schutzmaßnahmen (§ 4 ArbSchG),
- Vereinbarungen zur sicheren und gesunden Organisation des Mobilen Arbeitens (Erreichbarkeit, Arbeitszeit, Arbeitspausen sowie Informations- und Kommunikationsstrukturen),
- Unterweisung und Informationen (z. B. ergonomische Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen, Selbstorganisation), um eigenverantwortlich für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen Sorge tragen zu können (§ 12 ArbSchG).
Da bei regelmäßiger Arbeit von zu Hause den Beschäftigten mehr Verantwortung in Bezug auf ihre Gesundheit am Arbeitsplatz übertragen wird, sollte dies begleitet werden von regelmäßigen Schulungen und Unterweisungen zu beispielsweise folgenden Themen:
- Ergonomisch arbeiten
- Gesunde Bewegung
- Selbstorganisation im Homeoffice
- Augengesundheit – die Wichtigkeit von Bildschirmpausen
- Gesunde Ernährung
- Sicherer Umgang mit elektrischen Betriebsmitteln
Finden diese Unterweisungen digital statt, achten Sie bitte darauf, dass
- die Möglichkeit besteht, mündlich Rückfragen zu stellen, falls etwas nicht verstanden wurde.
- die gewählte Form der Unterweisung für den Unterweisungsinhalt geeignet ist. Unterweisungen für Tätigkeiten, für die eine Praxisübung oder bestimmte Örtlichkeiten erforderlich sind, können nicht aus der Ferne durchgeführt werden.
- die Beschäftigten die Inhalte verinnerlicht haben, z. B. indem Sie Verständnisfragen stellen.
Wenn es die räumlichen Bedingungen bei Beschäftigten zulassen, sollten bei regelmäßiger Arbeit von zu Hause die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung umgesetzt werden.
Doch was, wenn diese Vorgaben nicht umsetzbar sind? Ein Beispiel für sinnvolle Mindestausstattung für einen „funktionalen Arbeitsplatz“ liefert die Fachinformation „Arbeiten im Homeoffice“ der DGUV. Für einen Computerarbeitsplatz im Homeoffice sieht sie vor:
- eine Tischplatte von 120 x 80 cm
- einen ausreichend großen Bildschirm (Bildschirmdiagonale von mindestens 15“)
- Tastatur und Maus
- einen Bürodrehstuhl
- freie Bewegungsfläche von min. 1,5 m²
Durch die Ausstattung mit einer separaten Maus und Tastatur wird eine gerade Sitzhaltung mit einem nur leicht geneigten Kopf ermöglicht. Ein Arbeitsplatz ohne separate Maus und Tastatur (z.B. ein Laptop) verleitet zu einer stark nach vorne gebeugten Arbeits- und somit zu einer ungünstigen Körperhaltung.
Ist selbst für einen solchen „funktionalen“ Arbeitsplatz kein Platz vorhanden, sind am ehesten Abweichungen bei raumeinnehmenden Aspekten akzeptabel: Kann der oder die Beschäftigte vielleicht auch auf einer kleineren Tischplatte gut arbeiten? Gibt es Bürostühle, die weniger Platz einnehmen?
Dasselbe gilt für die Beleuchtung am Arbeitsplatz zu Hause: Welche alternativen Lösungen gibt es zu klassischen Büro-Deckenröhren, mit denen dennoch eine Beleuchtung von 500 Lux trotzdem erreicht werden kann?
Ergonomisches Arbeiten zu Hause: Was gibt es zu beachten?
Der Arbeitstisch (bzw. die Arbeitsfläche) sollten eine reflexionsarme Oberfläche haben und so aufgestellt sein, dass keine störenden Reflexionen und Blendungen entstehen. Der Tisch sollte im besten Fall im rechten Winkel zum Fenster aufgestellt sein, um direkte Sonneneinstrahlung im Gesicht zu vermeiden. Ausreichend Tageslicht und eine künstliche Beleuchtung, die dem Charakter des Raumes entspricht (500 Lux), beugen Ermüdungserscheinungen der Augen vor.
Bein(frei)raum und eine ausreichend bemessene Bewegungsfläche rund um den Arbeitsplatz helfen beim gesundheitsförderlichen Arbeiten. Regelmäßiges Verändern der Sitzhaltung, z. B. ein regelmäßiger Wechsel zwischen Sitzen und Stehen, wirkt Verspannungen entgegen. Warum nicht mal im Stehen telefonieren? Regelmäßige Erholungs- und Bewegungspausen und Ausgleichsaktivitäten helfen zusätzlich, einseitige Belastungen zu vermeiden.
Tipp: Hilfsmittel fürs Arbeiten im Stehen
Nutzen Sie eine Laptoperhöhung oder einen Tischaufsatz, um einen Schreibtisch in einen Steharbeitsplatz zu verwandlen.
Ein „idealer“ Arbeitstisch hat eine Größe von ca. 160 x 80 cm. Tisch und Stuhl sollten im Zusammenspiel an die Körpergröße angepasst werden können. Eine Sitzhöhenverstellung bieten alle modernen Bürostühle an. Ein solcher sollte auch im Homeoffice zum Einsatz kommen.
So sitzen Sie richtig
Beim Sitzen sollte die Sitzfläche des Stuhls vollständig zur Entlastung des unteren Rückens beitragen. Dies gelingt, wenn das Becken sich direkt an der Stuhllehne befindet und so gestützt wird. Eine ergonomische Sitzposition ist erreicht, wenn bei aufrechtem Oberkörper die Ober- und Unterschenkel sowie Ober- und Unterarme einen rechten Winkel bilden und locker und vollständig auf dem Tisch abgelegt werden können.
Ein gesonderter Bildschirm, eine vom Bildschirm getrennte Tastatur und eine Maus fördern ergonomisches Arbeiten.
Abstand zum Bildschirm und Bildschirmgröße
Der Abstand zum Bildschirm sollte etwa eine Armlänge betragen. Studien zeigen: Mit einem größeren Bildschirm lässt es sich effektiver arbeiten. Notebookbildschirme haben heute eine sehr gute Auflösung, sind aber im Hinblick auf ihre physischen Abmessungen immer noch klein.
Neigung des Bildschirms
Der Bildschirm oder, wenn vorhanden, die Bildschirme sollten nach unten platziert und nach hinten geneigt sein, und zwar so weit, dass der Blick leicht gesenkt auf den Bildschirm fällt. Die Haltung des Kopfes ist dann ungefähr so als würde man ein Buch lesen. So wird Nackenverspannungen vorgebeugt.
Mobile Arbeit und Betriebliches Gesundheitsmanagement
Im Zuge der wachsenden Bedeutung mobiler Arbeit versuchen viele Unternehmen, den hier auftretenden Belastungen und psychischen sowie physischen Beeinträchtigungen mit Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten zu begegnen.
Schulungsangebote
Ein mögliches Mittel sind dabei Maßnahmenangebote zur Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz im Homeoffice. Schulungsangebote zu gesunder Ernährung, der gesunden Pausengestaltung oder zum Stressmanagement im Homeoffice gehören zu den Angeboten des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Externe Dienstleistungen
Externe Dienstleistungen zur Förderung der betrieblichen Gesundheit können die eigenen Maßnahmen sinnvoll ergänzen und stellen außerdem einen attraktiven Benefit bei der Anwerbung neuer Kräfte dar. Beispielsweise mit reduzierten Mitgliedsbeiträgen für Fitnessstudios kann der Betrieb etwas zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie jeder Einzelne etwas für die persönliche Gesundheit tun.
Doch inwieweit entsprechen diese gesundheitsförderlichen Angebote dem tatsächlichen Bedarf der Beschäftigten? Was braucht ein Unternehmen, um die Sicherheit und Gesundheit sowohl der Beschäftigten als auch der gesamten Organisation langfristig zu gewährleisten?
Ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)kann hier Antworten geben. Es bietet auch in Homeoffice-Zeiten die Möglichkeit, die tatsächlichen Gesundheitsbedarfe der Beschäftigten systematisch zu erfassen. Auf Grundlage einer solchen Erhebung lassen sich schließlich zielgerichtete und bedarfsgerechte Maßnahmen zum sicheren und gesunden Arbeiten in den eigenen vier Wänden ableiten.
Einstieg ins BGM
Für den Einstieg in das betriebliche Gesundheitsmanagement gibt es verschiedene Optionen. Gerade Veränderungsprozesse wie die Einführung von mobilem Arbeiten bieten die Möglichkeit, über (digitale) partizipative Prozesse Beschäftigte als Experten der persönlichen Gesundheit einzubeziehen.
- Gefährdungsbeurteilung: Erhebung der (psychischen) Belastungen am Arbeitsplatz.
- Digitale Gesundheitszirkel und Mitarbeiter-/ Vorgesetztengespräche: Im direkten Austausch Chancen und auch Risiken des mobilen Arbeitens transparent machen.
- Analysen: Kennzahlen zu Fehlzeiten und Altersstruktur der Organisation sowie Gesundheitsberichte der Krankenkassen können die Erkenntnisse über die Arbeitsbedingungen der Organisation ergänzen.
Wird dieser Prozess kontinuierlich weitergeführt, können Maßnahmen entwickelt werden, um die Arbeitsbedingungen zielgerichtet sicherer und gesünder zu gestalten.
Zoom Fatigue: Wenn Online-Veranstaltungen krank machen
Mobiles Arbeiten brinft auch die Verwendung digitaler Tools mit sich: Digitale Besprechungen, Veranstaltungen, Workshops und Seminare treten anstelle der direkten persönlichen Kommunikation. Das verursacht unter Umständen Stress, der in ein noch unbekanntes Krankheitsphänomen münden kann: „Zoom-Fatigue“.
Unter „Zoom-Fatigue“ ist ein Gefühl der Ermüdung und Erschöpfung durch die Teilnahme an Online-Konferenzen zu verstehen. Beschäftigte können durch die zunehmende Nutzung von Online-Tools unter einer immer stärkeren Überforderung leiden, die sich langfristig negativ auf die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit auswirken kann. Zu den möglichen Symptomen einer Zoom-Fatigue gehören u. a.
- eine reduzierte Konzentrationsfähigkeit
- Ungeduld
- erhöhte Reizbarkeit
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Sehstörungen
Diese Symptome sollten als Frühwarnsignale wahrgenommen werden, um langfristig stressbedingte chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden.
Der größte Stressfaktor von Zoom-Fatigue ist das „Gefangen sein“ – physisch wie psychisch – vor dem Bildschirm.
- Langes Sitzen führt zu Bewegungsmangel.
- Das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, die Möglichkeit, sich selbst beobachten zu können und der Einblick in die häusliche Privatsphäre können zu einer gewissen Befangenheit führen.
- Die nonverbale Kommunikation und dementsprechende Interpretation von der Körpersprache des Gegenübers fallen fast komplett weg.
- Eine mangelhafte Technik und fehlende Pausen können das Zoom-Fatigue zusätzlich fördern.
- Hard- und Software-Check: Vor Online-Meetings sollten sowohl Hard- als auch Software überprüft werden, so das technischen Störungen vermieden werden.
- Meetings strukturieren: Präsenzmeetings, die regulär einen Tag dauern, sollten online durch mehrere Pausen unterbrochen oder auf mehrere Tage verteilt werden.
- Regelmäßige Pausen: Nach spätestens 60 bis 90 Minuten sollten regelmäßig Pausen gemacht. Bei mehreren Videokonferenzen an einem Tag sollte auf eine Pause zwischen den Videokonferenzen geachtet werden.
- Meetings moderieren: Eine gute Moderation kann über einen Methodenwechsel und interaktive Elemente die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden steigern.
- Neue Tools und Methoden nutzen: Digitale Meetings abwechslungsreich gestalten und verschiedene Tools und Methoden nutzen, z. B. das Arbeiten in Kleingruppen in „Breakout-Rooms“, digitale Flipcharts digitalen Chats.
- Blickwinkel ändern: Sollte das persönliche Kamerabild das Stressniveau hochhalten: Kamera ausschalten oder die Kamera mit einem gefalteten Notizzettel abdecken. Auch der Wechsel der Bildschirmansicht kann den Stress reduzieren, wenn nur der Sprecher den Bildschirm ausfüllt.